Rebecca Schindler berichtet von ihrem erfolgreichen Debut über die ganz lange Dogtrekking-Distanz. Vielen Dank!
Alle Fotos © Rebecca Schindler


Die Anmeldung ist raus – Jetzt gibt´s kein Zurück mehr

Als ich von der Option las, dass das Dogtrekking beim ESDT (ElbSandsteinDogTrekking) 2018 aus 100 km in max. 50h bestehen sollte und man während dessen biwakieren könnte, musste ich nicht lange überlegen und der Entschluss stand fest: Wir sind dabei!

Die Langstrecke “Dogtrekking” reizte mich schon länger, schließlich hatte ich schon ein paar Doghikes durchgezogen und die Kilometer fühlten sich in der Zwischenzeit nicht mehr ganz so lange und weit an wie in den Jahren zuvor. Merkwürdig, wie sich das Ganze im Laufe der Zeit relativiert und sich 10 km wie eine kleine Runde um den Block anfühlen können.

Also einmal tief durchgeatmet, Augen zu und schnell die Anmeldung an Hundwegsam losgeschickt. Der erste Schritt war also getan. For real?

Theo, wir fahr´n ins Elbi

Der Zeitpunkt rückte immer näher und wenn mich Leute in meinem Umfeld fragten, ob ich denn schon ein bisschen aufgeregt wäre, war ich es aus irgendeinem Grund nicht wirklich, was mich selbst ein wenig wunderte. Ich fühlte mich körperlich und mental soweit fit dafür und hatte auch den Eindruck, dass Theo, mein treuer 4beiniger Begleiter, fit genug dafür war.

Und schließlich sollten wir ausreichend Zeit dafür zur Verfügung haben. Es ging ja auch eigentlich “nur” darum, einen etwas längeren Spaziergang in einer wunderbaren Landschaft zu unternehmen. Hat nicht irgendwer mal den Begriff Extrem-Gassigänger ins Leben gerufen? Den finde ich gut!

Bei meinen menschlichen Begleitern hatte ich überhaupt keine Bedenken. Schließlich hatten Björn und Jens gerade kurz zuvor die Brocken-Challenge gemeistert: Locker 80 km und das laufend von Göttingen auf den Brocken! Verückte gibt es anscheinend überall. Ich hoffte, dass nicht ich da eher der limitierende Faktor werden würde.

Schon im Vorfeld steigerten Björn und ich uns dezent in die Materie des Ultraleicht-Trekkings, nahmen dankbar Vorschläge von Anderen an, schickten uns gegenseitig den aktuellen Gewichtszustand unserer Rucksäcke und suchten nach mehr Informationen, an welchen Stellen wir noch ein paar Gramm einsparen könnten.

Alleine das hat schon irre Spaß gemacht. Ich wundere mich immer noch ein wenig, wie man es hinkriegen kann, wirklich ultraleicht und dann auch noch für mehrere Tage – ach was sage ich, Wochen! – unterwegs zu sein, was soviel bedeutet, dass das gesamte Gewicht inkl. Rucksack noch unter 5 kg liegen.

Alleine mit dem Rucksack, den 2 l Wasser für mich, sowie zwei weiteren für Theo kam ich schon knapp an die 5kg und da wir biwakieren wollten, sollten noch weitere Gewichtseinlagen oben drauf kommen.

Es gibt übrigens mit einem Quilt statt einem Schlafsack noch mal die Möglichkeit, weitere Gramm einzusparen, habe ich dabei gelernt.

Ankunft und Start

Donnerstag Abend kamen wir nach einer amüsanten und kurzweiligen Fahrt auf dem Campingplatz an der Ostrauer Mühle etwas außerhalb von Bad Schandau an. Schnell alles aufgestellt, bekannte Leute begrüßt, dann zeigte uns Orga-Chefin Caro auch schon, welche Strecke dieses Jahr ausgewählt wurde. Ich freute mich über robustes Papier und war dankbar für das A3 Format.

Kurze Besprechung worauf wir achten sollten, der Hinweis auf eine Kahnfahrt durch die Edmundsklamm, die entweder bis 18:00 abends oder ab 9:00 morgens möglich sei (uiii es gibt doch Termindruck), die Vergabe der Startnummer und eine Info darüber, wo an welchen Stellen die Checkpoints zu finden seien. Ich fühle mich soweit glücklicherweise fit im Karten lesen und machte mir daher nicht viele Gedanken darüber. Das sollte schon klappen.

Ein Fuß vor den anderen. Einfach, oder?

Streckencheck im Waschraum

Irgendwie war es dann doch ein merkwürdiges Gefühl, wenn man sich nach der ganzen Vorbereitung wirklich morgens um 7:08 sich auf dem stillen Campingplatz von Anja, zusammen mit Caro die Organisatorinnen des ESDT, verabschiedet und mit zwei anderen Verrückten loszieht, um eine ca. 100 km lange Strecke anhand einer Karte im Elbsandsteingebirge zu absolvieren. Es war so unaufgeregt.

Alles schien noch zu schlafen, vereinzelt verschwanden Leute im Waschhaus und das eigene Vorhaben erscheint einem so unwirklich. Aber in Wirklichkeit sollte es endlich soweit sein, der Tag der Tage war angebrochen.

Wir wollten unserem ersten Dogtrekking gemeinsam die Stirn bieten und zogen positiv gestimmt los.

Diesmal ging es zu Beginn nicht wie in den Jahren zuvor über den Flößerstieg, sondern etwas gemütlicher erst mal stetig leicht bergauf entlang des Malerweges über den Elbleitenweg Richtung Schrammsteine. Der Hike von 2016 rückwärts. Den war ich zwecks Trainingszwecken noch ein paar Wochen zuvor mit Sarah erst erneut abgegangen. Bekanntes Terrain also, irgendwie geht man bekannte Wege schneller.

Wir konnten immer wieder schon die ersten so typischen Felsformationen erblicken und freuten uns auf die bevorstehenden Eindrücke.

Wir sind da wo oben ist

Dann war es soweit. Wir standen vor den ersten Treppenstufen. Die ersten von so vielen Treppen, die uns noch erwarten sollten und so typisch für diese Region sind… Treppentrauma!


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Aber nur wer nach oben steigt kann die Aussicht genießen und den ersten Checkpoint erreichen, lautete die Devise. So zögerten wir nicht lange und wurden oben auf dem Reitsteig mit einem wunderbaren Ausblick auf die Wenzelwand entschädigt. Perfekte Stelle für ein paar gestellte Fotos.

Wir erholten uns von den Treppen, wässerten die Hunde und weiter ging es aufwärts Richtung großer Winterberg, wo der zweite Checkpoint auf uns wartete. Von dort sollte es weiter durch die Richterschlüchte gehen.

Den ersten Teil haben wir wohl rückwirkend betrachtet auch mitgenommen, aber dann verschwand der Weg vor unseren Augen und wir landeten auf einem schmalen Pfad an einem Steilhang, der zwar sehr schön war, aber die Frage aufkommen ließ, ob er nicht doch ein jähes Ende an einer unbezwingbaren Leiter oder Klettersteig finden würde.

Das kann im Elbsandsteingebirge schon mal passieren.

 


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Weit und breit waren keine Fußspuren von Hunden zu sehen. Wo bitte waren wir gelandet?  Doch die Sorge war glücklicherweise unbegründet und irgendwie gelangten wir dann über die Weberschlucht wieder auf den vorgesehenen Kurs.

Dogtrekking mit Plan

Über den Reitsteig verlief der Track nun Richtung Hickelhöhle und Tschechien. Wir passierten Zadní Jetrichovice, es ging über die Grenze und überlegten uns bis Mezní Louka, ob wir aufgrund des Zeitfaktor nicht vielleicht doch die untere Schleife zuerst anpeilen sollten, um den limitierenden Zeitfaktor “Letzte mögliche Kahnfahrt 18:00 Uhr” schon mal zu eliminieren, was wir dann auch kurzerhand taten.

Zusammen mit Jennifer und Alexandra, die wir auf dem Weg zur Kahnfahrt angetroffen haben, genossen wir die Edmundsklamm.

Es entschleunigte das Ganze wieder ein wenig, den Kahn erreicht zu haben und es war schön zu sehen, wie Theo zwar beim Einstieg zwar kurz etwas zögerte, schießlich war es seine erste Bootsfahrt, dann aber mit guten Zuspruch doch einstieg und mit seinem Kopf auf meinem Knie unterwegs sich ausruhte.

Clarkson, der Terrier, die laufende Duracell-Batterie, nutzte die Gelegenheit, sich ganz vorne den besten Überblick zu verschaffen.

Weiter ging es in einem Bogen über  Hrensko nach Janov. Ich erinnerte mich, dass Caro etwas über lustige Wege über einen Golfplatz am Vortag erzählte hatte und zur Not auch ein Bild von dem Aussichtsturm ausreichen würde. Wir hielten also Aussicht nach einem Aussichtturm und erreichten so unseren nächsten Checkpoint, wo wir auf Sarah und Coco, sowie auf Franziska, Jan und Rosa trafen.

Die Sonne verabschiedete  sich so langsam und wir überlegten, wo und wann wir uns ein paar Stunden Schlaf gönnen würden.

Bisher lief alles ganz gut soweit, nur Jens hatte nach einem Sturz etwas Probleme mit seinem Knie bekommen. Wir hatten uns unterwegs ja auch einige Pausen gegönnt, der Weg war unser Ziel bei dieser Geschichte und so stiefelten wir erst mal wieder Richtung Mezná.

Dogtrekking mit Komfort

Dort angekommen wurde es langsam dunkel und wie die Motten wurden wir von dem Licht einer Taverne angezogen.  Etwas warmes zu Essen, genügend Flüssigkeitszufuhr und die Option auf ein schönes Bett ließ uns unsere Pläne draußen zu biwakieren über Bord werfen. Bei drei Leuten war eine Mehrheit schnell gefunden und so nächtigten wir kurzerhand zu dritt in einem Zimmer und ließen den Abend noch lustig ausklingen. Caro hatte ein Nächtigen in einer Pension ja ausdrücklich erwähnt und so war unser schlechtes Gewissen nur von kurzer Dauer.

Der Tacho zeigte an diesem Tag 55,8 km und 1524 hm an.

Der zweite Tag

Morgens um 5:00 klingelte uns das “Kikeriki” von Björns Wecker hoch, wir schlüpften wieder in unsere Sachen und schulterten unsere Rucksäcke.

Schließlich hatten wir noch die gesamte Gabrielensteigschleife vor uns. Leider verfestigte sich auf den ersten Kilometern die Tatsache, das Jens Knie die gesamte Strecke verweigern würde. Er nutze die erste Möglichkeit, um sich über Hrensko wieder auf verfestigtem Wege Richtung Hrensko und zurück nach Bad Schandau zurück zu gelangen. Trotzdem immer noch extra 20 km bis dahin. Und so zogen Björn und alleine mit unseren Hunden Richtung Osten der aufgehenden Sonne entgegen.

Björn kriegte sich gar nicht mehr ein. Erzählte etwas von Augenorgasmen und bekam einen Milcheinschuss nach dem nächsten, weil er so zu Recht stolz auf seine beiden Hunde war. Auch Theo zog wie ein Uhrwerk und man merkte ihm die Stecke von gestern nicht an.

Essen, essen, essen

Wir erreichten den nächsten Checkpoint und Björn gab eine Runde Nudeln zum Frühstück von seinem Esbitkocher aus und auch ich erleichterte meinen Rucksack um weiteres Gewicht. Währenddessen lief Sarah grüßend wieder an uns vorbei.

Weiter ging es auf nun auf zum Glück relativ einfachen  Wegen vorbei am Prebischtor  Richtung Balzhütte (Na Tokani). Wir genehmigten uns ein zweites Frühstück und begegneten wieder Franziska, Jan und Rosa, die uns mitteilten, dass der gesuchte Checkpoint, der sich hier befinden sollte, wohl entfernt worden war.

Franziska konnte wohl glücklicherweise wieder gehen, am Vortag hatte sie doch etwas mitgenommen ausgesehen. Das Koffein zeigte seine Wirkung und wir zogen in gutem Tempo weiter vorbei an der Wolfstafel Richtung Königsplatz, dem nächsten Checkpoint, wo wir erneut eine kurze Rast einlegten und weitere Vorräte vertilgten.

Gefühlt bestand der zweite Tag sowieso aus ständiger Nahrungszufuhr. Wie ein Tank, der ständig aufgefüllt werden möchte und mir kamen Gedanken an eine zweite Trinkblase, gefüllt mit Kaffee als Turboinjektion.

Unglaublich, wie viele Kalorien der Körper bei so einer Tour verbrennt.

Extremgassi mit einer extra Portion Höhenmetern

Von jetzt an ging es wieder steil bergab und dann ein gutes Stück an der Kirnitzsch entlang Richtung Dreisteigensteig, wo es ein gutes Stück bergauf ging, um den nächsten Checkpoint zu erreichen.

Meine Füße machten sich so langsam bemerkbar und ich fragte mich, ob ich es riskieren sollte, die Schuhe auszuzuziehen, um mal einen Blick darauf zu werfen.

Am Zeughaus machten wir dann erneut eine Rast, Björn gönnte sich eine Portion Nudeln und ich eine Portion Eis. Sowieso die beste Langstreckennahrung für mich, wie ich auf dieser Tour mehrfach feststellte.

Dass die Stärkung goldrichtig gewesen war merkte ich an dem folgenden Anstieg über den Roßsteig, der schier endlos erschien. Björn erzählte die ganze Zeit etwas von bloß nicht stehen bleiben, lieber langsam gehen, aber nicht stehen bleiben; irgendeine Läuferweisheit und ich dachte nur: Du hast gut reden.

Aber irgendwann war auch dieser Anstieg geschafft und oben angekommen wässerten wir die Hunde und sahen auch schon Janka und Stefanie um die Ecke kommen, die uns freudig begrüßten, auf dem Hike unterwegs waren und auch schon ein paar Kilometer in den Beinen hatten.

Wir beschlossen, gemeinsam weiter Richtung letzten Checkpoint am Kuhstall zu ziehen, der um diese Uhrzeit durch die langsam  untergehenden Sonne in ein wunderbares Licht getaucht und menschenleer war.

Wir hatten es fast geschafft. Alle Checkpoints erreicht. Jetzt hieß es nur noch irgendwie zurück zum Campingplatz und so langsam war ich froh bei dem Gedanken daran, die Füße mal etwas länger hochlegen zu können. Ist doch ein kleines bisschen  anstrengend so eine Extremgassirunde.

 

Finale

Und so entschlossen wir uns kurzerhand, unten wieder an der Kirnitzsch angekommen den Weg über den Asphalt zurück zur Ostrauer Mühle zu nehmen und nicht über Mittelndorf.

Mir graute vor dem Abstieg im Dunkeln über die Steine und da es sich inzwischen etwas wackelig lief, war der Entschluss kurzerhand gefällt, zusammen mit Steffanie und Janka zurück zu gehen.

Theo zog immer noch wie ein D-Zug. Er ahnte wohl die Nähe des Ziels und ich nahm ihn ans Halsband, weil auch mir der Zug und die dauernde Anspannung der Muskulatur zu viel wurde. Und so trudelten wir dann endlich nach 37:02 h müde aber glücklich wieder an unserem Startpunkt ein und wurden herzlich in Empfang genommen.

Der Tracker zeigte an diesem Tag 58 km und 1733hm an.

Fazit

Es war ein wunderbares Erlebnis und ich bin wirklich erstaunt, dass ich keine Blasen an den Füßen hatte, auch wenn ich zwischenzeitlich dachte, meine Fußsohlen wären nur noch eine einzige Blase.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für die Organisation dieses wunderbaren Events bei Caro & Anja von Hundwegsam bedanken. Es ist einfach immer wieder toll, die Atmosphäre bei einer Dogtrekking Veranstaltung zu erleben und ich bin froh, dass kein Wettbewerb Charakter vorherrscht.

Meinen Glückwunsch an alle Teilnehmer, egal in welcher Zeit, ob gefinished oder nicht.

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