Ein Interview mit Carlos Pou Kramer, Organisator des MONTNEGRE-Dogtrekkings.

Ich staunte nicht schlecht, als ich von dem Plan, Dogtrekking auch in Spanien etablieren zu wollen, hörte. An Ländern, in denen sich Wanderer viele Kilometer und oft sogar mehrere Tage mit ihrem Hund durch die “Wildnis” schlagen, hatte ich Spanien bisher nicht auf dem Schirm, das muss ich zugeben. Doch das sollte sich jetzt ändern…

Carlos ist oft und gern in der Natur unterwegs – und das natürlich am liebsten mit Hund. Von “Natur” hat er in unmittelbarer Nähe, mitten im schönen Katalonien, jede Menge. Und wisst ihr, was das schönste daran ist?

Er will sie mit uns teilen!

All die verschlungenen Pfade, welche zu herrlichen Aussichten führen. Rastplätze an erfrischenden Bächen und Übernachten unter freiem Sternenhimmel in einer wunderschönen und einsamen Gegend…

Wer in Geographie nicht richtig aufgepasst hat: Katalonien ist der nordöstlichste Teil Spaniens, zwischen den Pyrenäen und dem Mittelmeer. Es ist für seine schönen Naturparks bekannt und natürlich auch für deren Hauptstadt Barcelona.

Ihr sucht ein Abenteuer mit eurem Hund, welches ebenso außergewöhnlich wie intensiv ist? Dann solltet ihr jetzt Carlos und seinem Plan, im November 2016 das erste MONTNEGRE-Dogtrekking ins Spanien zu organisieren, kennenlernen.

Ich führte diese nette Plauderei mit Carlos im August 2016. Viel Spaß!


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Am Anfang war der Hund

Bernd: Hallo Carlos, erzähl mal kurz: Wer bist Du, was machst Du, wo kommst Du her, wo willst Du hin und vor allem: Wann und wo ist dir das Wort “Dogtrekking” zum allerersten mal begegnet?

Carlos: Hallo Bernd, mein Name ist Carlos Pou Kramer, und wie unschwer an meinem Nachnamen zu erkennen ist, stammt mein Vater aus Spanien (Katalonien, Barcelona). Meine Mutter stammt aus Bonn und geboren wurde ich Ende der 60er Jahre in Barcelona.

Dort habe ich allerdings nur die ersten 4 Jahre meines Lebens verbracht. Aufgewachsen bin ich grösstenteils in Bonn und Berlin. In Deutschland habe ich Gymnasium und Universität absolviert – Geschichte / Spanisch / Deutsch als Fremdsprache auf Lehramt, bevor es mich dann vor etwa 15 Jahren letztendlich wieder nach Barcelona verschlagen hat.

Hier habe ich lange Zeit im Tourismus gearbeitet. Zuletzt in einer größeren Incoming-Agentur, für die ich das Marketing im Web- und Printbereich gemacht habe. Bis ich mich vor einigen Jahren sebständig gemacht habe und jetzt für verschiedene Agenturen (viele im Sektor Tourismus an der Costa Brava u. Barcelona) als Webdesigner, Webmaster und im Bereich Marketing arbeite.

Wie ich zum Thema “Dogtrekking” kam? Nun, am Anfang war der Hund… Vor etwa 6 Jahren haben wir unseren ersten Hund aus dem Tierheim geholt, einen prächtigen weissen Schäferhund-Mix, mit grosser Lebensfreude, den wir sofort in unser Herz geschlossen haben. Da meine tschechische Frau und ich immer sehr aktiv waren – wir haben uns beim Skifahren in Andorra vor ca. 13 Jahren kennengelernt – haben wir Abel überallhin mitgenommen, auf MTB-Touren, zum Skifahren, zum Laufen etc. Und so haben wir auch die Leidenschaft fürs Wandern entdeckt.

Leider verstarb Abel nach etwas mehr als einem Jahr an Leishmaniose, es war leider zu spät erkannt worden und er hatte keine Chance mehr. Kurz nach seinem Ableben ist Marketa nach Tschechien gefahren und brachte einen der dort nicht ganz selten vorkommenden Tschechoslowakischen Wolfshunde mit – in Form einer hyperaktiven, rotzfrechen und äußerst aufgeweckten Dame, die nach nichts mehr verlangte als ACTION – na gut, fressgeil ist sie ausserdem noch…

Und wie es halt so kommt, aus einem anderen Tierheim gesellte sich bald noch ein Wolfshund-Mix dazu, Yako. Die beiden sind jetzt Teil der Familie und sind ständig mit uns auf Achse.

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Seit vorletzem Jahr haben wir uns im Hinterland der Costa Brava, direkt im Naturpark Montnegre i Corredor ein Häuschen zugelegt, wo wir quasi aus dem Bett in immergrüne Wälder fallen, mit einer schier unerschöpflichen Zahl an Wegen, Singletracks oder Jägerpfaden – die wir eigentlich nur mit einer ebenso zahlreichen Schar an Kleinhirschen und Wildschweinen teilen müssen.

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Da wir ohnehin tagtäglich mit den Hunden viel unterwegs sind – mit Ausnahme von den Sommermonaten sind es täglich so ca. 20 km, hat Marketa letztes Jahr zum ersten Mal den BLOODY WALK – Event besucht und war total angefixt!

Erfahren hatte sie von dem Event zuvor über eine der zahlreichen tschechischen FB-Gruppen zum Tschechoslowakischen Wolfshund. Mittlerweile ist sie gut befreundet mit Pavel Kohout, dem Organisator des BLOODY WALK. Und als er erfahren hat, dass wir demnächst hier in Spanien unser erstes Dogtrekking-Event veranstalten, hat er direkt zugesagt!

Ich selbst habe noch an keinem Wettbewerb teilgenommen, was aber wohl nicht mehr lange auf sich warten lässt.

Spanien ist viel mehr als nur Badestrand

Bernd: Somit hat Deine Frau Marketa ja eine Brücke für Dogtrekking, quer durch Europa, geschlagen. Was in Tschechien Tradition hat, werdet ihr jetzt vielleicht in Spanien etablieren können!

Du sagst ihr wohnt inmitten immergrüner Wälder. Wenn ich an Spanien denke, dann habe ich zuerst Badeurlaubsorte oder aber Kulissen von staubigen, sonnenverbrannten Orten, in welchen in den 60ern viele Westernfilme gedreht wurden, vor Augen. Wie sind denn die klimatischen Bedingungen für ein Dogtrekking in dem Teil Spaniens, welchen ihr für das erste spanische Dogtrekking-Event ausgesucht habt? Welche Monate sind dafür ideal?

Carlos: Nun, das Stereotyp “Spanien = Strand” ist wohl in den Köpfen vieler verwurzelt, da auch die Medien und die Tourismusindustrie den Strand zu über 98% bewirbt. Ist verständlich, denn Berge hat der Deutsche auch direkt vor der eigenen Haustür.

Die Region Katalonien, mit Hauptstadt Barcelona, ist von der Topographie her einzigartig: Du hast die Berge der Pyrenäen in knapp 150-200 km von der Küste und kannst durchaus morgens im Hochgebirge wandern und nachmittags dich an den Strand legen. Das gibt es sonst nur an wenigen Orten in Europa. Und man muss für ein tolles Outdoorerlebnis nicht weit von der Küste weg. Die Naturparks Montnegre i Corredor und direkt anliegend der Montseny (höchster Gipfel: Turó del Home, 1.708 m) liegen in 50 km Entfernung. Die Garrotxa im Vorfeld zu den Pyrenäen und direkt an der Französischen Grenze gelegen, bieten Wanderspaß pur, inmitten von herrlicher Einsamkeit.

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Der Naturpark Montnegre i Corredor – das Gebiet, in dem wir unsere Zelte aufgeschlagen haben – bietet dann auch nochmal ein ganz spezielles Microklima: Die Mittelgebirgskette erstreckt sich entlang der Küste nördlich von Barcelona:

Die mit Feuchtigkeit gesättigte Luft zieht vom Meer nachts die Hänge hinauf und legt diese jenseits der Bergkuppe in den Wáldern ab. Das erkennt man ganz gut, wenn man z.B. von Calella aus (einem typischen Badetouri-Ort) landeinwärts wandert: Die dem Meer zugewandten Hänge sind eher durch “mediterrane” Vegetation geprägt – Pinien, etwas trockener. Aber sobald Du oben auf der Kordillere angekommen bist (ca. 700 M), glaubst Du, Du stündest in einem Urwald.

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Das macht auch die Faszination dieses Naturparks aus. Im November sind die Temperaturen tagsüber so um die 12 bis 16 Grad und sinken nachts so auf 8 bis 5 Grad. Für Dogtrekker eigentlich “sommerliche” Temperaturen.

»Ich lebe jetzt hier im Naturpark schon seit fast 10 Jahren – und es gibt immer noch Ecken und Enden, an denen ich mich verlaufe.«

Wir haben uns bewusst erst einmal für den Montnegre als Austragungsort des 1. Dogtrekkings entschieden, da diese Sportart so recht unbekannt ist – und wir wollen eventuelle “Anfänger” nicht direkt mit einer Bergtour schocken! Wir haben aber schon fest auch das 2. Dogtrekking-Event im Blick, der wird dann gegenüber im Montseny-Naturpark stattfinden – und das wird dann garantiert eine MERKBARE Steigerung der Anforderungen sein! Wie ich schon sagte, der Turó del Home hat 1708 Meter, Les Agudes ein paar Meterchen weniger, und Matagalls glaube ich auch um die 1700 Meter – und das keine 20 km Luftlinie vom Meer entfernt!

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Wir wandern hier das ganze Jahr über – mit Ausnahme der Monate Juni / Juli / August, das ist die wirklich warme Jahreszeit. Ab September kann man wieder hervorragend im Vorfeld der Pyrenäen Touren unternehmen und ab Anfang Oktober ist, selbst wenn die Temperaturen noch über knapp unter der 20er Marke liegen, wieder alles machbar.

Man muss dazu sagen, dass Katalonien eben ganz im NORDOSTEN der Iberischen Halbinsel liegt, sprich, die Temperaturen sind hier nicht zu vergleichen mit denen in Andalusien.

Asphalt-Anteil? Weniger als 0,1 Promille.

Bernd: Wow, das hört sich großartig an! Eure Dogtrekking-Planungen scheinen für Hunde(sport)freunde damit ja eine ideale Gelegenheit zu sein, diesen wunderbaren Landstrich mal kennenzulernen. Das ist auch genau der Punkt, warum ich persönlich Dogtrekkings so sehr schätze: Sie werden von Leuten organisiert, die sich viele Gedanken um die Streckenplanung machen und die sich in dieser Gegend auch gut auskennen.

Ich vermute jetzt mal, dass man bei Eurem Dogtrekking dann auch auf Pfaden unterwegs sein wird, auf die man als “handelsüblicher” Tourist vermutlich nicht gleich gestoßen wäre, oder?

Carlos: In der Tat ist das so – beim 1. MONTNEGRE-DT wird Asphalt wohl nur 0,001 % der Wegstrecke betreten werden. Sprich, wenn man eine der wenigen Strassen queren muss.

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Tatsächlich ist es so, dass wir bei der Streckenplanung uns gerade ernste Gedanken machen, ob wir die Route nicht ein wenig ausschildern müssen, denn viele der Wege sind schlicht und einfach Single-Trails, die keinerlei Beschilderungen ausweisen. Man kann hier stundenlang durch das Mittelgebirgspanorama einen Pfad entlang wandern, ohne nur ein einziges Hinweisschild zu sehen. Das birgt natürlich ein erhebliches Risiko, sich zu verlaufen.

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Ich lebe jetzt hier im Naturpark schon seit fast 10 Jahren – und es gibt immer noch Ecken und Enden, an denen ich mich verlaufe.

Durch den Naturpark führen zwei Hauptwanderwege (die sog. GR = Grand Randonée): GR 92 und der GR 5. Und ein sekundärer GR 83 (der führt bis in die Pyrinäen) quert den Naturpark in der Mitte. Wir versuchen, die Strecke so zu legen, dass die Teilnehmer möglichst in der zweiten Hälfte der Tagesetappe – also auf dem Rückweg zum Biwak- bzw. Endpunkt – einen dieser GR entlangwandern, das sind die einzigen Wege, die halbwegs beschildert sind und auf denen man bei Nacht sich noch halbwegs gut orientieren kann.

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Da wir natürlich auch mit Tschechischen / Slowakischen Dogtrekkern rechnen, die hier noch nie waren (Pavel Kohout und einige der Bloody Walk-Teilnehmer haben schon deutliches Interesse bekundet), soll die Strecke auch so gelegt sein, dass der Trekker zumindest von oben einige schöne Blicke auf das Mittelmeer erhaschen kann 🙂

Katalonische Pioniere

Bernd: Das klingt nach einem einmaligen Abenteuer! Du weisst, mit welchen Ködern man uns angelt 🙂

Ja, diese GR kenne ich von Ultratrails, bei denen sie auch zur besseren Orientierungsmöglichkeit genutzt werden. Bist du bei deinen zahlreichen Wanderungen eigentlich auch mal auf andere Wanderer gestoßen? Vielleicht sogar auf welche mit Hundebegleitung?

Carlos: Da sprichst Du ein interessantes Thema an: Kataloniens Landschaften und Naturparks sind einmalige Outdoor-Paradiese. Vor allem weil es viel schöne unberührte Landschaften gibt und relativ wenige Wanderer.

Bis dato ist das Wandern, und erst recht das Wandern mit Hund eher eine von den Spaniern seltsam belächelte Tätigkeit. Das hat sich mit der hier in den letzten 4 Jahren boomenden Ultra-Trailern etwas gewandelt, aber selbst die machen den Kohl nicht fett. Mountainbiker siehst Du da schon eher mal, aber dann auch nur am Wochenende, nur in der Nähe von Ortschaften und bis spätestens 13 Uhr mittags: Danach müssen die Jungs und Mädels wieder talwärts zu Mami, Freundin oder Famiie rauschen, das gemeinsame Samstags- oder Sonntagsmittagessen scheint hier “heilig” zu sein.

Nun, wir können nicht gerade sagen, dass wir das bedauern würden.

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Speziell das “Wandern mit Hund” ist dann eben noch mal ein Thema für sich – hier im Süden ist die Mentalität der meisten Hundebesitzer hinsichtlich der Berücksichtigung der Bedürfnisse ihrer Hunde etwas “rudimentär”. Wir haben zwar einige Bekannte mit Hund, die gelegenlich mit uns auf eine Wanderung gehen, aber dann müssen wir die meistens als “Spaziergang” konzipieren, denn die zeigen uns ´nen Vogel, wenn wir sagen “ca. 40 km”.

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Wir hoffen natürlich zuerst einmal auf – wenn auch nicht so zahlreich vorhandenen – Canicrosser, auf Musher und vor allem auch auf Marathonläufer und Ultra-Trailer! Ich denke, dass einige aus dieser Gruppe gerne auch ihren Hund auf Events mitnehmen würden. Zum Training machen das ja viele, aber bei einem Event ist das hier kategorisch verboten. Eventuell kann man dann mit dem Dogtrekking eine Lücke schließen.

Allgemein kann man aber sagen, dass zwischen Deutschland, Österreich und Spanien, was den Hundesport betrifft, noch Welten liegen. Ich möchte dir das anhand der Wolfshundebesitzer hier bei mir in der Umgebung in Form einer Anekdote veanschaulichen:

Wenn ich hier in der Siedlung auf den erstbesten nächsten Hügel steige, von wo ich aus das Tal aus überblicken kann, dann zähle ich dort – in sichtbarer Entfernung – insgesamt 9 mir bekannte Tschechische Wolfshund-Halter. Von diesen 9 kannst Du 8 direkt in die Tonne kloppen, die halten Wandern für ´ne “Geisteskrankheit”. Und die verbleibende ist ne Dame in meinem Alter, die kannst Du mal auf einen längeren Spaziergang mitnehmen, allerdings nur wenn das Gelände einigermassen flach ist. Sobald die ein paar Höhenmeter erklimmen muss, kannst Du einpacken.

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Meine letzte Tour ging durch die Garrotxa an der Französischen Grenze, da mussten wir einen alten Römerweg den Berg rauf kraxeln. Ein halbes Stündchen, dann brauchte sie oben eine anderhalb Stunden Pause.

Aber es kommt ganz langsam in Bewegung – wir haben jetzt bei der Recherche auch eine katalanische Hundewandergruppe entdeckt, die tatsächlich recht aktiv ist, mit denen treffe ich mich demnächst, denen wird das Thema Dogtrekking sicher gut gefallen.

Fest steht auf jeden Fall, dass für diese Art der Freizeitbeschäftigung mit dem Hund bzw. als Sportart noch einiges an Pionierarbeit zu leisten ist.

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Zwei Hunde, zwei Charaktere

Bernd: Diese Dogtrekking-Pionierarbeit kann sehr schnell Früchte tragen, wenn man das Potential der Sportart über die richtigen Kanäle kommuniziert und sich dadurch neue Zielgruppen erschließt.

Hier in Deutschland erging es uns ja ähnlich. Leute nehmen Hunde mit zu Laufveranstaltungen oder würden dies gerne machen, wenn es überall erlaubt wäre. Dazu kommen Zughundesportler mit der entsprechenden “Open-Mind-Attitude”, wie zum Beispiel Canicrosser, denen die Zeit, welche sie als Hund-Mensch-Team verbringen, wichtiger ist als eine Platzierung, bei der man um Sekunden kämpft. Oder welche, die einfach mal was “Neues” ausprobieren wollen – obwohl es ja nicht wirklich neu ist, aber viele hatten Dogtrekking einfach noch nicht auf dem Schirm.

Das Ergebnis ist dann eine Dogtrekking-Veranstaltung, auf der erfahrene Dogtrekker mit Neulingen zusammen kommen. Deswegen glaube ich, dass euer Plan, auch eine Einsteiger-Variante anzubieten, wichtig ist!

Du hast gesagt, dass du selbst bisher noch nicht bei einer Dogtrekking-Veranstaltung mitgemacht hast – aber deine Frau. Was hat sie dir denn vom Bloody Walk erzählt, wodurch dir klar wurde, dass sie jetzt nicht nur total angefixt ist, sondern dass ihr jetzt sogar selbst ein Dogtrekking organisieren “müsst”? Das muss ja wirklich eine sehr beeindruckende Erfahrung gewesen sein…

Carlos: Ich denke, Marketa fand einfach die Kombination toll: Freunde dort zu treffen und gemeinsam auf Tour zu gehen, draussen pennen mit den Hunden – und das familiäre Ambiente des Bloody Walk insgesamt.

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Ich kannte die Bezeichnung Dogtrekking bis vor 1 Jahr auch noch nicht, habe es aber in meiner Freizeit oft praktiziert: Rucksack gepackt und ab hoch in die Pyrinäen mit den Hunden im Schlafsack gepennt und bestimmte Routen abgelaufen – allerdings bis dahin liefen die Hunde überwiegend frei mit mir, hihi…

»Der gemeinsame Weg mit Hund ist das Ziel. Das ist meiner Ansicht nach hervorragend für ein Konzept von Breitensport.«

Ich selbst bin mit mir und der Welt ganz zufrieden, wenn ich allein mit den Hunden unterwegs bin, ich MUSS jetzt nicht unbedingt Mitwanderer dabei haben. Aber die Idee, dass man gemeinsam bei einem solchen Event seine liebste Freizeitbeschäftigung teilen kann – auch wenn man während eines Events dann eventuell auch über einen Großteil der Strecke alleine unterwegs ist.

Ein Wettbewerb ist in dem Sinne – oder sollte es sein – eine punktuelle Animation, die Hundebesitzer dazu motivieren soll, eben auch in ihrer Freizeit aktiv zu sein, und zwar MIT ihren vierbeinigen Kumpels.

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Auch deswegen gefällt uns, sprich Marketa und mir, die Idee des Dogtrekkings: Man KANN zwar auf einem Event sportlichen Ehrgeiz entwickeln, seine “Zeit” verbessern, etc. ….Aber es steht nicht absolut oder ausschliesslich im Vordergrund – “der gemeinsame Weg mit Hund” ist das Ziel, das ist meiner Ansicht nach hervorragend für ein Konzept von Breitensport.

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Ich bin Mitte Vierzig und habe mir in meiner sportlichen Vergangenheit mehr als nur einen Knochen gebrochen, Bänder gerissen etc. – das geht nicht ganz spurlos an einem vorbei und je älter man wird, desto spürbarer werden die Sünden der Vergangenheit. Mir persönlich kommt da eine eher “erlebnisorientierte” Sportart nicht ganz ungelegen.

Eine andere Frage ist natürlich, ob die Hunde das genauso sehen. Marketa hat am Vorabend des Bloody Walk am 4 km – Nachtlauf – Prolog teilgenommen und gewonnen! Da war ich echt baff. Das lag aber auch an Arin, die hat richtig “Blut geleckt” und wollte sich von voraus laufenden Teams nicht die Butter vom Brot nehmen lassen und hat Marketa im Galopp quasi hinterhergeschleift.

Wir haben hier zwei Hunde, die vom Charakter nicht unterschiedlicher sein könnten.

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Arin ist ein wahres Zugtier. Sie liebt es, sich ins Geschirr zu legen und zu ziehen bis der Arzt kommt.

Yako dagegen hatte bis zu seiner Adoption nie so etwas wie einen gemeinsamen Spaziergang gekannt: Irgend ein andalusischer Voll-Horst hatte den wohl als Welpen erworben, in der Annahme, dass solche Hunde sicher tolle Jagdhunde seien. Und er lag in seiner Annahme nicht ganz richtig – zumindest was den Teil des Stellens und Apportieren betrifft. Yako wurde also wieder an den Vermehrer zurückgegeben. Der allerdings auch nicht besser war: Er hat Yako dann wohl auf einem Freilandgehege an einen Pflock mit Kette gekettet und 32 weitere Hunde drumherum.

Irgend wann ist Yako dann ausgebüchst und hat fast 1 Jahr lang frei gelebt. In der Sierra de Andujar (wunderschöner Naturpark) haben ihn Forstbeamte dann schliesslich eingefangen und dem Vermehrer erneut zurückgebracht, welcher kurz darauf dann aber wegen der unhaltbaren Zustände auf seinem Hof angezeigt wurde und die Hunde abgenommen bekam.

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Yako ist nicht so richtig für die Zieharbeit zu begeistern, nur in neuen und noch unerforschten Gegenden. Dort, wo definitiv Wolfspopulationen sind, geht er freiwillig an der Leine. Hier auf unseren Heimrunden läuft er meistens frei voraus, als Kundschafter, und Arin bleibt an der Trekkingleine und gibt Stoff.

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Montnegre-Dogtrekking: Short, Mid und Long

Bernd: Jetzt bist Du mir zuvor gekommen, ich wollte dich gerade nach euren Hunden fragen. Unterscheiden sie sich nebst Zugarbeits-Talent bzw dessen Abstinenz auch in Sachen Distanz-Vorlieben? Ist Arin eher als “schnell & kurz” einzustufen und Yako ist der ökonomische Langdistanzler?

Ihr seid ja sehr viel mit euren Hunden unterwegs. Was waren denn so die längsten Distanzen, die ihr am Stück zurück gelegt habt? Und mit welchen Distanzen dürfen wir eigentlich beim ersten Katalonischen Dogtrekking rechnen?

Carlos: Also unsere weiteste Tagesdistanz waren so 50 km pro Tag, zwei Tage hintereinander, allerdings nur im Mittelgebirge. Beide Hunde sind dann am Ende des Tages “zufrieden”, aber nicht erschöpft.

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Arin ist meiner Einschätzung nach diejenige, welche sich die Kräfte besser einsparen kann. Wenn sie sieht, dass wir den größeren Rucksack packen, weiss sie schon, dass es eine längere Tour wird. Dementsprechend passt sie ihren Rhythmus an.

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Für den 1. Montnegre-Dogtrekking haben wir

  • LONG: ca. 80-85 km
  • MID: ca. 35-40 km
  • SHORT: ca. 15 km

eingeplant.

Das kann man dann in Zukunft ausbauen/verlängern, wenn man genug leistungsfähige Begeisterte gesammelt hat. Momentan wissen wir ja echt nicht, WEN wir dafür alles begeistern werden.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine Kilometerangabe auf die meisten sehr abschreckend wirkt, wenn sie keine Wandererfahrung haben. Bei dem Hinweis “20 km” kippen viele schon aus den Latschen, hingegen bei “ca. 5 Wanderstunden” klappt das schon viel besser ….🙂

Aus gutem Grund haben wir am Anfang auch den Montnegre Naturpark ausgewählt, die Steigungen können zwar auch recht heftig sein, aber halt nur so um die 500 Höhenmeter maximal, das kriegen auch nicht Trainierte gerade noch so hin.

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Bernd: Hast Du dann für´s 1. Montnegre-Dogtrekking an eintägige, an Nonstop-Touren gedacht? Oder findet das ganze über 2 Tage mit 2 fixen Distanzen pro Tag statt, wo man dazwischen biwakiert oder wieder ans “Basecamp” zurück kommt?

Carlos: Die LONG- Distanz machen wir mit einem Pflicht-Biwak im Base-Camp (mind. 3 Stunden), die MID und SHORT dann natürlich nur in 1 Etappe.

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Unser Traum wäre es natürlich, auch eine Anzahl an Dogtrekkern aus dem Ausland hierhin zu bekommen, z.B. in den Wintermonaten, wenn es in Germany, Austria & Chequia, Poland vielleicht etwas “zu garstiges” Wetter hat. Für uns sind die Monate von Oktober bis Mai die geilste Jahreszeit zum dogtrekken!

Zukunftsaussichten

Bernd: Also ein Zufluchtsort für winterscheue Dogtrekker, eine Verlängerung des Herbstes, ein vorgezogenes Frühjahrs-Dogtrekking als Saisonauftakt in Spanien? Coole Idee! Habt ihr denn schon einen groben Plan, wie es nach dem 1. Montnegre-Dogtrekking im November dann nächstes Jahr weitergehen könnte? Gibt es für 2017 schon (grobe) Pläne?

Carlos: Da der Montseny hier direkt dran liegt, werden wir sicherlich den 2. Event dort starten. Der dürfte dann von der physischen Anforderung halt auch eine Kategorie schwerer sein. Und dann gehts in die Garrotxa, das liegt schon näher an den Pyrinäen. Und dann von mir aus gerne in die Pyrinäen – da hab ich auch schon mehrere wunderbare Routen in petto!

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Allerdings: Die Leute sind natürlich eher begeisterungsfähig, wenn sie das Mittelmeer in der Nähe haben, das hat natürlich noch einen Attraktivitäts-Bonus.

Ein Träumchen wäre in Zukunft auch eine tolle Route in den Picos de Europa zu machen. Aber das liegt von uns natürlich nochmal 1000 km weiter westlich, womit wir ja dann schon bald die komplette Europa-Linie von Ost bis West mit Dogtrekkings bestückt hätten 🙂

Im November kommen einige Tschechen vom Bloody Walk – Event hierhin. Ihr Plan ist, unmittelbar anschließend nach unserem Dogtrekking, einen ersten Teil der Pyrinäen-Durchquerung, vom Mittelmeer an den Atlantik, zu machen!

Sie nehmen den Event also nur zur Aufwärmung, hihi…

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Danke, Carlos, für das nette Gespräch und viel Erfolg für Deine Pläne!


Wer jetzt neugierig geworden ist, der sollte unbedingt auf der Website von Carlos vorbeischauen: http://english.dogtrekking.es

Bei Facebook ist er hier zu finden: https://www.facebook.com/dogtrekking.es

Übrigens: Überlebenstipps für Dogtrekker und Berichte zum Thema findest Du in der aktuellen Ausgabe von dog & sport.

Alle hier im Bericht verwendeten Fotos © Carlos Pou Kramer.