Sonnenbad statt Schlammparty: 20. Schlittenhundewagenrennen in Oberndorf vom 30.10. – 01.11.2015.

Bereits zum zwanzigsten Mal verwandelte sich Oberndorf, ein Ortsteil der mittelfränkischen Gemeinde Geslau im Landkreis Ansbach, zum Mekka für Zughundefreunde. Das traditionelle Rennen lockte am Halloween-Wochenende Musher aus Nah und Fern in das beschauliche Dorf. Bereits einige Tage im Vorfeld sind dessen Bewohner im Einsatz, flattern die Strecke ab, bauen das große, beheizte Festzelt auf und planen die Versorgung der Starter (vor allem das reichhaltige Kuchen- und Tortenbuffet hat sich inzwischen herumgesprochen).

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Am Freitag reisen die Biker, Läufer und Gespannfahrer nicht nur an – sobald das letzte Tageslicht verschwunden ist werden die Geschirre herausgeholt, um die besondere Atmosphäre zwischen Fackeln zu genießen und den Trail im Dunkeln zu erkunden. Vor drei Jahren riefen die Sleddogfriends Oberndorf rund um Vorstand Elmar Bamberger den Nachtlauf ins Leben und seitdem findet dieser regen Anklang. Auch für die Zuschauer ist der Start am Abend ein besonderes Highlight, vor allem, wenn das aufgeregte Bellen verstummt, Mensch und Tier eine Einheit bilden und das Licht der Stirnlampe im Schatten des Waldes verschwindet.

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Nach der Anstrengung heißt es Hunde versorgen und ab ins Festzelt. Elmar heisst die angereisten Gäste herzlich willkommen und trommelt die Neulinge zur Mushereinweisung. Oberstes Gebot: “Den Hunden muss es zu jederzeit gut gehen!”

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Der Trail teilt sich in zwei Strecken auf, eine circa 4,1 Kilometer lange für die Läufer und eine etwa 7,3 Kilometer lange für die Gespanne, Biker und Scooterfahrer. Beide Strecken teilen sich einen gemeinsamen Start- und Zielweg – und den selben, vor allem am zweiten Tag gemeinen, Berg mit etwa 14 Prozent Steigung. Ansonsten beinhaltet der Trail verschiedene Untergründe, wie Waldboden und Wiesenabschnitte. Natürlich darf auch der Nachwuchs Rennluft schnuppern: für Kinder haben die Veranstalter einen extra Rundkurs abgesteckt. Auf der 1,5 Kilometer langen Runde dürfen die Musher von morgen beim Kinderrennen an den Start.

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Erster Renntag – Herbst oder Frühling?

Samstag, 9 Uhr, los geht’s! Während sich der Nebel über den Feldern langsam lichtet jagen schon die ersten Bikejörer über die Piste. Der Boden ist trocken und wie im letzten Jahr auch, meint es das Wetter gut mit den Veranstaltern – zu gut, wie sich noch zeigen wird. Bis zum Mittagessen haben es die Scooter- und Radfahrer sowie die Gespanne mit vier Hunden bereits geschafft. Die Sonne lässt die Herbstblätter in den schönsten Farben leuchten, als die Canicrosser sich auf den Trail begeben. Der Weg führt zunächst über Wiesen und Felder und hat man erst den Anstieg erklommen können Mensch und Tier die Schönheit der Natur genießen. Auf breiten Pfaden schlängelt sich der Trail durch den Wald, es ist eine zeitlang ganz still.

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Die Geräusche des Stake-Outs verstummen, nur das Geräusch der knirschenden Steine unter den Schuhen ist zu vernehmen. Nach einer langen Geraden folgt eine Linkskurve und ein langes Gefälle, was den Oberschenkeln noch einmal einiges abverlangt.

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Dann ist es bereits in der Ferne zu sehen: Das Ziel am Ende der langgezogenen Strecke über die Wiese. Nun nochmal alle Kräfte für den letzten Schlusssprint aktivieren! Während die Läufer und ihre Hunde im Ziel mit Wasser versorgt werden, kümmert sich das Orgateam bereits um die Vorbereitungen für das Kinderrennen, bevor am Nachmittag die großen Gespanne an den Start gehen. Diese sind in die Kategorien B (6 Hunde), A (8 Hunde) und Offen – unterteilt in reinrassig und nicht-reinrassig – gegliedert. Das gute Wetter sorgt dafür, dass viele Interessierte Besucherinnen und Besucher den Weg nach Oberndorf gefunden haben.

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Kaustangen und freie Startplätze

Was wäre Oberndorf ohne einen Musherabend? Im Startgeld enthalten ist jedes Jahr ein deftiges Essen – für viele der Sportler allerdings etwas zu deftig. Hier wäre nach 20 Jahren eine Anpassung an die sich mittlerweile gewandelte Zughundesport-Szene angebracht. Nicht nur aufgrund ökologischer und ethischer Aspekte (bei immer mehr Teilnehmern hört die Tierliebe nicht schon am Ende der Zugleine auf) – der Anteil und vor allem das Leistungs-Niveau von “Kleinviehhaltern” (Canicross, Bike, Scooter)  hat sich in den 20 Jahren deutlich gesteigert. Hier wurden Stimmen nach einem leichten und sportlich zweckmäßigerem Essen laut, was ja problemlos mit Nudeln und 2, 3 zur Auswahl stehenden Soßen umsetzbar wäre.

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Traditionell erhält jeder Teilnehmer beim Abholen seiner Startunterlagen auch eine Losnummer für die Tombola am Abend. Zu gewinnen gibt es verschiedenste Leckereien für den Hund, Startplätze für das nächste Jahr und auch Geldpreise. Doch der Musherabend bietet natürlich vor allem die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und über den ersten Renntag zu fachsimpeln. In Oberndorf trifft sich eine große Familie, welche einmal im Jahr zusammenkommt.

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Kurioses Stake-Out-Geflüster

Neben traurigen Nachrichten (Alexandra Held muss sich nach vielen Jahren vom Schlittenhundesport verabschieden) gab es auch einige witzige und vor allem kuriose Momente.

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Alexander aus Nürnberg hatte unterwegs Pech: Die Gabel seines Trikes zerbrach in zwei Teile. Doch ein Musher wie Alexander gibt deswegen noch lange nicht auf! Er dreht das demolierte Trike einfach um und versucht, auf den Griffen anstelle des abgebrochenen Vorderrads zu “surfen”! Erst nachdem auch dieser Versuch scheitert, wirft er das Handtuch. Alexander bekommt von uns dafür den “Never Give Up!”-Orden des Wochenendes!

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Peter L. war mit seinen Hunden nicht einer Meinung, was den Rückweg angeht. Diese hatten einfach noch keine Lust auf den Zielkanal, also durchbrachen sie das Flatterband und hängten den Rundkurs des “Bambini-Laufs” als Bonus mit dran. Das Gelächter war riesig, als “Geisterfahrer Peter” (Zitat Elmar Bamberger) nicht über den Ziel-, sondern in den Startkanal einbog und so zurück zum Stake-Out fuhr. “Sowas habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt!” (Elmar B.).

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Zweiter Renntag – der Wettergott ist ein Sonnenanbeter

Sonntag, 1. November, die Sonne strahlt, kein Schnee, kein Regen, kein Schlamm. Die Temperaturen kletterten bereits am Samstag auf 15 bis 17 Grad und daher entschied die Rennleitung, dass alle Teams nur die kurze Strecke von guten 4 Kilometern absolvieren sollten. Im Laufe des Vormittags ist vor allem ein Phänomen zu beobachten: Starter, die dick eingepackt ihren Wohnwagen verlassen, den Kopf gen Himmel richten, sich wieder in den Wohnwagen zurückziehen und fünf der sieben Kleidungsschichten ablegen.

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Es ist für November schlicht und ergreifend warm. Bereits im vergangenen Jahr kletterten die Temperaturen in den zweistelligen Bereich, kein Vergleich zu 2013. Kalter Regen und Frost am Morgen verwandelten damals die Strecke in eine Schlammparty. Selbst heißer Tee konnte die kalten Finger damals nicht richtig erwärmen. Zum 20. Jubiläum strahlt die Sonne heller denn je, was dazu führt, dass die Gespanne am Nachmittag nicht mehr an den Start gehen. Einige nutzen den freien Nachmittag, um sich im T-Shirt auf die Wiese zu legen und Vitamin D zu tanken.

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Nichts desto trotz kommen zum Abschluss alle Musher zusammen, um sich bei der Siegerehrung ihre Urkunde abzuholen. Auf Pokale wurde in diesem Jahr übrigens verzichtet, stattdessen erhielt jeder Teilnehmer eine Jubiläumsmütze von Trapperjohn. Denn der Winter kommt bestimmt – irgendwann.

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