Perfektion und Schnelligkeit – Faszination Turnierhundsport

Vierkampf, Geländelauf oder Mannschaftswettkämpfe – kaum eine andere Hundesportart besteht aus so vielen Disziplinen wie der Turnierhundsport, kurz THS. Dabei kommen nicht nur Profis auf ihre Kosten, auch Anfänger können in verschiedenen Laufwettbewerben Turnierluft schnuppern. Ein Einblick in die Welt der Leichtathletik mit dem Hund.

Gespannt blicken die Zuschauer auf einen der für die Unterordnung abgesteckten Plätze. Eine Hundeführerin absolviert gerade mit ihrem Schäferhund das vorgegebene Laufschema, während auf dem Gelände nebenan Hürden und Hindernisse für die nächste Disziplin aufgebaut werden. Am Aufwärmplatz drehen bereits die ersten Mensch-Hund-Teams ihre Runden, lockern ihre Beine und dehnen sich. Aus der Ferne hört man Hunde bellen, sie sind aufgeregt, wollen los. Schon wird die erste Startnummer zum Hindernislauf gebeten. Hund und Mensch gehen an den Start – voll konzentriert. Die Ampel schaltet auf grün und beide sprinten los.

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Bei der Bayerischen Meisterschaft im Turnierhundsport, welche in diesem Jahr von den Hundefreunden Eltmann in der Schlossanlage Gleisenau ausgerichtet wurde, kamen Hundesportler aus dem ganzen Bundesland nach Unterfranken, um gegeneinander anzutreten. „Für mich ist THS eine sehr vielseitige Sportart, in der Hund und vor allem Frauchen in verschiedenen Bereichen gefordert werden.“, erklärt Julia Grell vom Schnupperer Team Mensch Hund e.V. aus Ansbach. „Ich selbst mache wahnsinnig gern Sport und im THS kann ich Sport/Leichtathletik mit meinen Hunden zusammen machen. Auch die vielen verschiedenen Disziplinen machen den Sport attraktiv.“, ergänzt Annelie Habermann vom HSV Bamberg.

Eine facettenreiche Sportart

So wie Julia und Annelie geht es vielen Hundesportlern – sie lieben die vielfältigen Möglichkeiten mit ihrem Tier zu arbeiten. Grundsätzlich unterteilt sich THS in zwei Kategorien: Leichtathletik und Breitensport mit Hund. Zur ersten Kategorie gehören der Vierkampf, der Geländelauf und der Combination-Speed-Cup, kurz CSC. Um in diesen Disziplinen auf einem Wettkampf starten zu dürfen, muss der Hund zuvor eine VDH-Begleithundeprüfung und der Hundeführer einen Nachweis der bestandenen Sachkundeprüfung vorweisen.

Allen THS-Disziplinen liegt eine genormte Prüfungsordnung zu Grunde. In ihr sind die genauen Teilnahmebedingungen, Parcours, das Laufschema oder der Abstand zwischen den Geräten genau geregelt. So ist gewährleistet, dass alle Anforderungen auf jedem Turnier identisch sind. Bei den Prüfungen ist ein sogenannter Leistungsrichter am Platz, welcher die Teilnehmer bewertet. Die Ergebnisse werden im Anschluss an das Turnier in eine Leistungsurkunde, die jeder Hund individuell besitzt, eingetragen. Die Hundeführerinnen und Hundeführer sind zudem nach Altersklasse und Geschlecht unterteilt. Danach richtet sich auch die Platzierung, beispielsweise hat das fiktive Team Maria und Benno in der Altersklasse 19 weiblich den dritten Platz erreicht.

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Begleithundeprüfung – Die Begleithundeprüfung ist die Basis, um im THS (Leichtathletik mit Hund) starten zu dürfen. Sie besteht aus einem Gehorsamsteil (zuvor folgt ein Verhaltenstest) auf dem Hundeplatz und einer anschließenden Prüfung im Verkehr. Der Hundeführer absolviert zuvor einen theoretischen Test, die Sachkundeprüfung.

Vierkampf

Der Vierkampf wird gerne als „Königsklasse“ des THS bezeichnet, denn er vereint vier Disziplinen in einem Wettkampf. Mensch und Hund müssen ihre Leistung in den Bereichen Gehorsam, Hürden-, Slalom- und Hindernislauf erbringen. Der Vierkampf gliedert sich zudem in drei Leistungsstufen. Je nach Klasse, variiert auch der Schwierigkeitsgrad. Beim Gehorsamsteil zeigt das Mensch-Hund-Team Übungen wie Sitz, Platz, Steh und klassische Fußarbeit.

Hinzu kommt der Hürdenlauf: Hund und Hundeführer absolvieren so schnell wie möglich eine Sprintstrecke und überwinden dabei möglichst fehlerfrei und vor allem auf einer Höhe die Hürden. Länge der Strecke und die Höhe der Hürden variiert von Leistungsstufe zu Leistungsstufe. Jede Hürde, bei der Hund und Mensch nicht gleich auf sind oder die Stange fällt, wird als Fehler gezählt.

Weitere Disziplinen sind der Slalomlauf, bei welchem ein Zick-Zack-Kurs durchlaufen wird und der Hindernislauf. Auf der 75 Meter langen Bahn, absolviert der Hund diverse Hindernisse, wie etwa eine Tonne, eine Schrägwand oder einen Tunnel, während der Mensch parallel daneben rennt. Die Zeit stoppt in jeder Disziplin, sobald der Letzte, sei es Hund oder Mensch, das Zieltor passiert hat.

„Am liebsten starte ich in den Disziplinen Shorty und CSC. Hier kann ich die Schnelligkeit und Wendigkeit meines Hundes und mir am besten unter Beweis stellen. Außerdem gefällt mir der Teamgeist, der unter den Mannschaftskollegen herrscht.“ – Jovica Roksandic

Combination-Speed-Cup

Eine Besonderheit des Turnierhundsports ist sicherlich die Tatsache, dass auch als Team gestartet werden kann. Beim sogenannten Combination-Speed-Cup, kurz CSC, besteht eine Mannschaft aus drei Läufern mit ihren Hunden. Der Parcours setzt sich aus verschiedenen Hindernissen, Kombinationen aus dem Vierkampf, zusammen und ist in drei Laufstrecken unterteilt. Die Mannschaft absolviert diese wie einen Staffelwettkampf. Ist der erste Läufer gestartet, macht sich der zweite bereit. Sobald Team eins die Ziellinie überquert, darf Team zwei auf die Strecke. Der CSC wird in zwei Durchgängen bestritten. Der CSC ist vor allem für die Zuschauer spannend, da nicht nur Hund und Mensch, sondern das ganze Team eine perfekte Einheit bilden müssen.

Neben den Leichtathletikdisziplinen hat sich im THS der sogenannte „Breitensport mit Hund“ entwickelt. Darunter versteht man eine Reihe verschiedenster Wettkämpfe, welche sich vor allem für Einsteiger und Anfänger eignen. Eine Begleithundeprüfung ist hierfür ebenfalls nicht notwendig. So kann beispielsweise im Hindernislauf, der identisch mit dem des Vierkampfes ist, gestartet werden. Dies wird von den Hundesportler sehr gut angenommen und die Unterteilung in Breitensport und Leichtathletik kommt gut an, findet auch Laura Schott: „Die Idee find ich super. Sowas bietet den Anfängern eine tolle Möglichkeit, in den Sport reinzuschnuppern.“ Zwei Prüfungsarten sind im Breitensport besonders hervorzuheben: der Shorty und der K.O.-Cup.

Shorty

Beim Shorty handelt es sich, ähnlich wie beim CSC, um einen Mannschaftswettkampf, allerdings mit zwei statt drei Läufern. Die beiden Sektionen stehen parallel zueinander und die Hunde müssen verschiedene Hindernisse, wie etwa einen Oxer oder eine Harfe, fehlerfrei überwinden. Passiert der erste Läufer das Ziel, startet das zweite Mensch-Hund-Team. Auch der Shorty besteht aus zwei Durchgängen. Zeiten und Fehler beider Läufe werden zum Schluss addiert.

„Mich fasziniert am THS die Zusammenarbeit zwischen Hund und Mensch, ich finde, ein Hund braucht für diesen Sport ganz viel Vertrauen in seinen Menschen.“ – Jacqueline Kull

K.O.-Cup

Hier kocht die Stimmung hoch: Auf zwei baugleichen Parcouren treten zwei Teams parallel gegeneinander an. Beim K.O.-Cup geht es meist laut zu, denn die Zuschauer und Vereinskollegen feuern die Hundeführer und ihre Tiere lautstark an. Das schnellere Team kommt eine Runde weiter – das K.O.-Prinzip. Oft entscheiden nur wenige Sekunden über Sieg und Niederlage.

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Vom Geländelauf zum Canicross

Der Geländelauf ist, genau wie der Vierkampf oder der CSC, eine Disziplin aus dem Bereich „Leichtathletik mit Hund“. Im THS stehen drei verschiedene Streckenlängen zur Auswahl: 1, 2 oder 5 Kilometer. Bei Prüfungen sind zwei Führtechniken zugelassen. Entweder der Hundeführer hält die Leine in der Hand oder es wird ein Bauchgurtsystem mit Ruckdämpfer und Panikhaken verwendet. Die Strecken sind durch farbige Markierungen und Streckenposten gekennzeichnet. Die Teams starten im Abstand von einer Minute. Laut aktueller Prüfungsordnung sollen die Laufstrecken dabei vom ausrichtenden Verein so gewählt werden, „dass sie dem Begriff Geländelauf gerecht werden“. Das bedeutet wenig Asphalt, stattdessen freies Gelände, bevorzugt Feld- oder Waldwege.

Viele Canicross-Veranstaltungen können derzeit einen Zuwachs verzeichnen: immer mehr Geländeläufer aus dem THS-Bereich probieren sich im Zughundesport aus. So auch Lars Reichelt und Lorenz Frech. Beide sind bereits seit vielen Jahren im THS aktiv, als sie durch Ivo Neubert an ihrem ersten Canicross-Event teilnahmen. „Er hat mich gefragt, ob wir die Europameisterschaft zusammen laufen wollen. Damals waren wir zu dieser Zeit bereits Deutscher Meister im THS. Das war gigantisch – auch von der Konkurrenz her.“, erinnert sich Lars Reichelt. Mit seinem Hollandse Herder Smaug macht er hauptsächlich THS. Bei Zughundesportevents geht er mit dem Scooter an den Start. Ein Läufer – ein Hund. Das Grundprinzip ist sowohl im THS, als auch im Canicross gleich. Dennoch gibt es große Unterschiede, weiß auch Lorenz Frech aus Erfahrung: „Die Strecken sind im Canicross wesentlich interessanter, aber man weiß im Vorfeld selten, wie lange die Strecke tatsächlich ist. Das ist der Vorteil im THS. Da weiß ich ganz genau, ob ich zwei oder fünf Kilometer laufe“.

„Im Canicross gibt es Nachtläufe, Staffeln, Massenstarts, Jagdstarts – macht es schwieriger aber auch attraktiver.“ – Annelie Habermann

In der Regel finden THS-Turniere an einem Tag statt, während Canicross-Events sich zumeist über zwei Tage erstrecken. „Du brauchst immer ein ganzes Wochenende – das ist der Nachteil. Von der Sache hier ist es eigentlich genialer. Zwei Rennen, der Sieger steht nicht gleich fest – das hat eine absolute Faszination. Das macht den Reiz aus, hat aber auch den Schwierigkeit, dass ich da nicht auf so viele Turniere gehen kann. Mal schnell an einem Sonntag auf Wettkampf gehen ist eine andere Geschichte als ein ganzes Wochenende weg zu sein.“, erklärt Lars Reichelt.

Auch die Startmodi unterscheiden sich. Während im Geländelauf immer im Einzelstart nacheinander gestartet wird, gibt es im Canicross viele Variationen, wie etwa Nachtläufe oder Massenstarts. Für Annelie Habermann hat das Starten im Canicross-Bereich noch einen weiteren Vorteil: „Für mich mit Spike ist es positiv, dass ich einen Maulkorb tragen darf bei den Rennen, das gibt mir Sicherheit, dass nichts passieren kann und dadurch passiert auch nichts.“ Ihr Malinois Spike wurde nicht richtig sozialisiert und hatte schlechte Erfahrungen gemacht. Auf der Suche nach einer Beschäftigung kam sie zum Laufen und Scootern und seitdem ist der Rüde ausgeglichener.

Im THS ist es laut Prüfungsordnung auch zulässig den Hund an der Leine am Halsband zu führen. „Was für den GL aus dem Canicross meiner Meinung nach unbedingt übernommen werden sollte, dass die Hunde nicht am Halsband geführt werden dürfen. Ob nun mit Bauchgurt gestartet wird oder nicht sollte dem Läufer überlassen werden. Im THS zieht schließlich nicht jeder Hund. Darin liegt wahrscheinlich auch der größte Unterschied zwischen den beiden Laufsportarten mit Hund. Im Canicross liegt der Fokus – nach meiner Erfahrung – hauptsächlich auf dem Zugsport. Im THS ist es eben, wie der Name schon sagt, ein Geländelauf mit Hund.“, findet Julia Grell. Ein weiterer Unterschied ist sicherlich die Anzahl der Wettkämpfe. Im Turnierhundsport finden im Sommer beinahe jede Woche Turniere statt – und das in einem kleinen Radius mit geringen Anfahrtswegen.

Ob nun Geländeläufer im THS oder Canicrosser, ob Vierkämpfer oder CSC-Freak – in der Gesamtheit verfolgen alle Sportler ein Ziel: Spaß mit ihren Hunden zu haben. Denn Sport mit Hund hat seinen ganz eigenen Reiz, weiß auch Lorenz Frech: „Wenn ich einen 10 Kilometer Volkslauf mache, fehlt mir spätestens nach fünf Kilometer die Motivation wirklich an meine Grenzen zu gehen. Mein Hund motiviert mich, wenn mein Körper eigentlich sagt es geht nicht mehr!“

Eure Carina

Weitere Informationen:

Deutscher Hundesportverband e.V. www.dhv-hundesport.de
Bayerischer Landesverband für Hundesport e.V. www.blv-hundesport.de