Für diesen Sport gibt es keine Formel nur eine Leidenschaft, die im Kopf beginnt.

Hundewagen-Hundekutsche-Karrenköter-Zughundesport

Die Ausbildung ist so vielseitig, wie Hunde und Menschen. Fast jeder Hund eignet sich zum Zughund und bringt es soweit, wie sein Mensch Vertrauen, Einfühlungsvermögen einbringt und bereit zur Teamarbeit ist. Egal für welche Hunderasse, Größe und Temperament, lässt sich die passende Ausrüstung und Anspannung finden. Zughundesport ist keine neue Erfindung, der Hund ist das älteste Zug- und Lastentier des Menschen überhaupt. Ihm verdanken wir das erste Tierschutzgesetz, den Führerschein und die ersten Verkehrsregeln.

Er half bei der Arbeit von Land- und Forstwirtschaft, sowie bei der Versorgung und im Handel quer durch die Zeit und überall auf unserem Erdball. Die Geschichte des Zughundes und Schlittenhundes ist nicht nur lang sondern auch sehr lehrreich für die heutige Haltung und Ausbildung von Zughunden, sowie auch der gesunden Hundezucht. Hunde die in der Lage sind Leistung mit guter Ausdauer zu bringen, sind die besten Vererber.

Heute wird der Zughund selten zur Arbeit und Broterwerb eingesetzt, vielmehr findet er seinen Platz in den vielen Zugfansportarten wieder. Dies ist eine schöne Entwicklung, denn die meisten Hunde werden als Begleit- und Familienhunde gehalten, stammen nicht selten von Arbeitshunderassen ab und kommen ohne Job um vor lange Weile mit all den negativen Problemen, die sich dann in ihrer Haltung ergeben. Mit dem Zughundesport findet der Hund seine Aufgabe, Auslastung und Bestätigung. Mit richtiger Anleitung und Ausrüstung kann man dann nicht nur viel Spaß haben, sondern tut etwas für die Gesundheit des Hundes und einem selbst.

 

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Und wie jeder Mal anfängt, kam auch ich durch Zufall auf den Zughund. Ich war damals noch ein Kind und hatte einen unerzogenen an der Leine zerrenden Cocker- Spaniel, der vor Temperament nur so übersprudelte.

Ein alter Mann, der uns beobachtete rief mir zu: „Spann diesen Hund nur an!“ Und das tat ich dann auch, nachdem ich alte Bücher wälzte und mein Bruder mir aus Schublade und Kinderwagenräder einen Wagen bastelte und ich nach altem Vorbild mein erstes Sielgeschirr nähte. Tobbi zog diese Kutsche gleich mit wilder Begeisterung und meine Leidenschaft für den Zughund war geboren. Tobbi wurde durch diese Aufgabe zu einem erzogenen Hund, leidenschaftlichen Rindertreiberhund, Fährtenhund und ein ausgeglichener Familienhund.

Mit jedem Hund kamen neue Erfahrungen dazu. Interessant und lehrreich waren auch viele Beschreibungen von Zeitzeugen, die mit Zughunden einmal gearbeitet haben. Leider gibt es wenig schriftliche Aufzeichnungen von Arbeitszughunden und deren Haltung und Ausbildung. Deutlich wurde mir auch schnell der Unterschied zwischen Zug- und Schlittenhund. Ja man kann meinen, in beiden Bereichen ziehen Hunde Lasten mal im Winter mal im Sommer, aber so einfach ist dies nicht. Die Art der Anspannung und der Unterschied der Zugarbeit und damit verbunden Anforderungen an den Hund ist doch gravierend.

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Einer meiner liebsten und selbstständigsten Zughunde war mein Berner, der dann Diensthund in Berliner Forsten als Zughund bis zu seinem 10. Lebensjahr war. Er wurde 12 ½ Jahre alt. Er zog seinen Hundewagen mit Lasten von Pflanzen, Nistkästen, Werkzeug und Müll, bis zu 200 kg schwer, selbstständig auch ohne Begleitung von A nach B, er dachte auch mit. So brauchte es kaum Kommandos bei der Arbeit. Privat war er Babysitter, Wachschutzhund und absolute Schmusebacke. Er gehörte also zu den schweren Zughunden die trabend (mit bis zu ca. 12 km/h) Lasten vom 1-4 fachen ihres Gewichtes ziehen, per Zuruf gelenkt werden und die vor einer Kutsche vor allem mit Siel- oder Kummetgeschirr an einem Scherbaum oder Gabel meist allein oder zu zweit ziehen.

Bei zu schwerer Last oder schlechten Wege zieht der Mensch natürlich mit. Dank dieser Anspannung sind die Hunde in der Lage auf engen Raum selbstständig genau zu lenken und den Wagen ohne Hilfe zum Stehen zu bringen. Man kann auf dem Wagen auch aufsitzen. Neben her gehen, ist zu langsam und vor allem zu schwer. Denn der Hund ist immer gezwungen, die Last von neuen an zu ziehen. Rollt der Wagen im Trab, dann verringert sich die Zuglast enorm. Es ist eine wahre Wonne einen Zughund vor einer Kutsche zu beobachten, wie er eigenständig, genau und sicher seinen Wagen durch Hindernisse lenkt. Je nach Fahrer oder Ladung auch seinen Fahrstil ändert. So konnte ich auch immer gern Anfänger oder Kinder mit meinen erfahrenen Hunde Kutschen fahren lassen.

Mancher Hund lehrt so einen Menschen wie man eine Kutsche fährt oder nimmt Menschen die Angst vor Hunden überhaupt. Aus der Arbeitskutsche entwickelte sich das Saccocard mit ähnlichen Eigenschaften besserer Federung und Leichtbauweise.

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Schlittenhunde ziehen an Leinen ohne festen Halt einer Gabel. So können die Hunde ihr Gefährt nicht selbst anhalten oder auf den Punkt lenken. Ihr Radius ist größer. Auch zählt bei ihnen mehr die Geschwindigkeit als die Last. Sie ziehen meist zu mehreren Hunden. Der Mensch übernimmt das Bremsen, Lenken und kann aktiv mit helfen und Last verringern und den Schlitten beschleunigen.

Viele Fanzugsportarten, gerade auch für kleinere Rassen haben dort ihre Vorbilder. Hat man doch heute durch Unsicherheit und Unwissenheit oft die Angst vor Überlastung des Hundes, oder der eigene Hund wiegt nicht viel aber hat das Herz eines Zughundes, so ist man bei Canicross, Scooter, Trike und Fahrrad richtig. Es gibt aber auch Hunde, die klein von Wuchs die Anspannung der schweren Zughunde mögen und super völlig selbstständig ihre Wägelchen über Land ziehen. Ihrer Gewichtsklasse entsprechend können sie Proviant ziehen. Und dann gibt es unter den Großen Rassen Hunde, die auch super vor einem Trike ziehen.

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Es ist auch nicht schlecht, wenn der Hund die Wahl hat und man die Wagentypen und Anspannarten kennen lernen und ausprobieren kann. Ich kann mich noch sehr gut an eine Bernerhündin erinnern, die durch schlechte Prägung sehr ängstlich war, aber sich vor einen Wagen mit Kummet und Gabel wiederum sehr sicher fühlte. Sie holte ganz ohne Begleitung Getreide aus der Mühle, Kohlen vom Händler, Heu von der Wiese usw. Sie wusste wo man ihre Kutsche be- und entlud und dort wartete sie geduldig und mit einer zufrieden Ausgeglichenheit bis man sie zum nächsten Ziel schickte oder ausspannte. Ausgespannt war sie wieder unsicher im Verhalten.

Ebenso wie das Selbstbewusstsein stärken, kann die Zughundearbeit Hunde durch Auslastung beruhigen und aggressiven Verhalten entgegen wirken. Denke da unter anderem an einen Doggenschäferhundmischling in meiner Ausbildung, der seinen Menschen durch Kraft und aggressives Verhalten, das Leben schwer machte. Die Zugarbeit machte ihm schnell Spaß, wurde zum Ausgleich seiner überschüssigen Energie und seine Besitzer gewannen Vertrauen zu ihm. Mit der Zugarbeit konnten sie ihn auch besser erziehen und er wurde ein angenehmer Hausgenosse. Das schmiedet zusammen und machte schließlich beide glücklich.

Zu der Ausbildung gehört auch die soziale Komponente. So kann ein eingespannter Hund nicht einfach mal einen Hund am Wegesrand als Rivalen attackieren oder mit samt der Kutsche den Hof machen. Auf der anderen Seite sollte der Hund in der Lage sein auch mit einem anderen Hund im Team zu ziehen. So spannen wir öfter mal Hunde zusammen, die nicht aus einem Haushalt stammen. So können auch kleinere, ältere Hunde in schweren Gespannen mit laufen oder sie lernen voneinander oder ein unsicherer Hund gewinnt an Sicherheit. Möglichkeiten gibt es so viele. So sind Trekkingtouren in der Fremde immer ein Höhepunkt im Zughundeleben, wie aber auch Zughundewettkämpfe. Zughundesport ist einfach vielseitig und spannend und nie langweilig.

Autorin: Susanne Preuss (www.zughund1.de)

Bücher:

“Der Zughund – einst und jetzt” (Kynos-Verlag) von Susanne Preuss
Mit diesem Buch bekommen Sie einen Einblick in den Zughundesport von Ausbildung bis Ausrüstung, aber auch einen Einblick in die Geschichte des Zughundes. Gesetze, Regeln und Hintergründe der jeweiligen Zeiten, Länder und seine Auswirkungen sind eine interessante Zeitreise, nicht nur für Zughundefreunde, sondern auch Geschichtsinteressierte. Viele historische Fotos und Dukomente verdeutlichen auch noch mal schön, welche Bedeutung einst der Zughund hatte. Mit diesen Ratgeber wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg in der Zughundeausbildung.