Unsere Autorin Martina Görlich war beim diesjährigen Zugspitz Dogtrekking dabei – und wie! Sie hat die allerlängste Distanz, welche angeboten wurde, erfolgreich mit ihrem Hund gefinisht.

Beim Zugspitz Dogtrekking sind Hund-Mensch-Profiteams am Berg gefordert. Die kleinste Distanz ist mehr als ein Halbmarathon, welcher dank um die 2000 Höhenmeter einmal in hochalpine Gefilde und wieder zurück führt. Bei der längsten Distanz hingegen, dem sogenannte “Ultrahund”, müssen etwa 85 Kilometer und 7000 Höhenmeter bezwungen werden. Zum Vergleich: Einmal von Garmisch zum Zugspitz-Gipfel und wieder zurück sind gerade mal etwa 2200 Höhenmeter. 

Von diesem Abenteuer im XXL-Format hat uns Martina einen Bericht mitgebracht. Viel Spaß!


ZDT 2018 – Die Bezwingung der steilen Kanten

Endlich war es wieder so weit, das Zugspitz Dogtrekking wollte in Angriff genommen werden und wir starten zu dritt – Caro mit Gürkchen und Boscaille, Alex mit Em und ich mit Happy – auf der Strecke “Ultrahund”.

Nachdem wir Hammersbach und somit die Zivilisation verlassen hatten, bogen wir in den Zauberwald hinein, wo lauter Zwergen und die Haselnussschnapsköniginnen herum standen. Anschließend gelangten wir zum besten Teil der Strecke, der Riffelscharte: Ein Meer aus Steinen, ein Führungsseil, immer auch mal wieder aus dem Felsen gerissen und ein Untergrund, der unter den Schuhsohlen wegrutschten. Höchste Konzentration war angesagt, Happy immer vorweg, trittsicher, halt, okay weiter, immer eine leichte Spannung auf der Leine.

Oben angekommen wurden wir mit einer grandiosen Aussicht auf die Alpenkaribik, in der Karte als Eibsee eingezeichnet, belohnt. Caro kam als letztes oben an, aber sie hatte es mit zwei Hunden deutlich schwieriger gehabt und wir waren uns einig, dass dieser steiniger Anstieg echt „mega“ war. Schnell noch ein paar Meter auf dem Pfad entlang gerannt und zum Steinhaufen mit dem Buch, welches unsere Kontrollstelle war. Hier mussten wir als Beweis eine Seite heraus reißen und mitnehmen. In diesem Fall war es Roman über eine Hundemafia. Darin stand u.a. der Satz: „Ich dachte, ich könnte ihn nicht besitzen!“ Im Falle der Riffelscharte muss man sich das Vertrauen des Hundes wohl verdient haben…

Aufwärts, abwärts

Und ab ging es hinunter, nur um danach den nächsten Anstieg hinauf, die Rinderscharte, zu keuchen. Oben angekommen standen, wir dann da. War da nicht ein Checkpoint gewesen? Ja klar, wir befanden uns genau vor den markierten Steinen und sahen sie nicht. Schließlich konnten wir doch noch das Buch bergen. Es geht anscheinend um die Welt aus Sicht der Hunde: „Unser Ungehorsam ist immer eine Reaktion auf die Unlogik der Hochnasen.“ So jetzt wissen wir alle Bescheid, wenn der Hund nicht gehorcht, ist das rein unser unlogisches Denken.

In der Abenddämmerung erreichten wir das Alpix und wagten uns mitsamt Hunden auf die Aussichtsplattformen, visuell kein Boden unter den Füßen, mit Blick auf die Felsen des Wettersteingebirges.

Dann machten wir uns auf den Weg zu den Schöngängen, um das Schild „Achtung Steinschlag. Nicht stehen bleiben“ zu finden. Unter diesem lag dann das nächste Buch, was wir schnell geborgen hatten. Meine Seite beinhaltete englische Redewendungen mit „in“: in the middle of nowhere“, da wo Hase und Fuchs sich Gute Nacht sagen. Da standen wir dann auch ein paar Minuten später und überlegten, wie wir zur Stuibenschleife kamen, da Alex nur die GPS Daten ohne der benannte Schleife hatte. Bernd hatte uns diese Daten anfangs unterschlagen wollen und nochmals korrigiert. Im Laufe der Nacht sollte sich auch herausstellen, dass uns dies einige Anstrengungen erspart hätte. Mit Hilfe der Papierkarte fanden wir aber auch den richtigen Abzweig und liefen erstmal um die steilen Kanten der Bernadeinwände herum, um dann den Aufstieg richtig Stuibensee, dem nächsten Checkpoint zu beginnen.

Bei diesem suchte Caro sich ein Plätzchen zum biwakieren, um am nächsten Morgen wieder ins Lager auf der Route des Welpen (Distanzbezeichnung des Zugspitzdog­trekkings) zu gelangen. Da diese Strecke über Waldboden führte, überließ sie uns ihre Booties. Der Anstieg über die Riffelscharte hatte die Pfoten doch stark strapaziert.

Weiter mit kleinerem Team

Alex, Em, Happy und ich steuerten hingegen durch die Nacht auf den Stuibensee zu. Das GPS zeigte, dass wir den See zu unseren linken haben mussten. Es war aber weit und breit kein See zu erkennen in der grasbewachsenen Hügellandschaft, die an einer Seite von einer Felsenwand begrenzt wurde. Schließlich beschlossen wir, erstmal etwas zu essen. Als wir da so saßen, meinte Alex auf einmal: Da ist der See doch. Er lag etwas im Schatten und fügte sich im Dunkeln perfekt in die Landschaft ein.

Schnell war ein Selfie als Beweis geschossen und wir versuchten, den kleinen Pfad links vom See zu finden. Dieser Versuch endete dann in den Latschenkiefern. Anfangs dachten wir, schnell ein paar von diesen zu überwinden und dann auf dem Pfad zu landen. Bald wurde uns aber klar, dass viele Latschenkiefern diesen Plan durchkreuzten und wir kämpften uns mitsamt den Hunden über und unter dem Geäst hindurch. Endlich hatten wir aus dem Dickicht herausgekämpft und machten uns an den Abstieg, den gleichen Weg, den wir gekommen waren zurück, und dann Richtung Bernadeinsteig, um wieder auf den ursprünglichen Track zu kommen. Auf dem Bernadeinstein trafen wir schließlich noch Bernd und quatschten kurz.

Das Reintal entlang, eine sich wie Kaugummi ziehende Schotterautobahn und das in der Dunkelheit der frühen Morgenstunden. An der Reintalangerhütte legten wir schließlich 15 Minuten Powernapping ein, bevor es hinauf zum Gatterl ging. Unsere Anstrengung wurde belohnt, als der Sonnenaufgang den Felsen einen hellroten Schimmer verlieh.

Am Gatterl war schnell das Selfie geschossen und weiter ging es. Auf riesigen zerklüfteten Steinen und über Schotterfelder, natürlich nicht ohne dass unsere Hunde Gämse erblickten, steuerten wir auf die Meilerhütte zu. Kurz vor dieser prasselte auf freiem Steinfeld ein Hagelschauer auf uns hinab. Klatschnass, aber nun wieder im Sonnenschein erreichten wir die Meilerhütte und begannen nun den Abstieg Richtung Schachen. Alex holte kurz dahinter schnell die Buchseiten. Ständige Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs… naja ständig was dazulernen, oft mit dem Motto Jugend forscht, ja passt irgendwie…

Endspurt

Vor dem letzten Checkpoint wartete das Kreuzeck auf uns und wir müssten nochmal unzählige Serpentinen nach oben. Dafür verfluchten wir Bernd, nach so vielen Stunden unterwegs, ohne großartigen Schlaf, nochmal so eine Kraftprobe. Aber es half nichts, also ging es nach oben. In einem Stein sah ich Bella, die mit meinem Vater den Welpen getrekkt war und am Campingplatz auf mich wartete. Oben angekommen genoßen wir kurz den Ausblick und holten uns die letzten Buchseiten: “… muss man schließlich durch dick und dünn gehen!” Die ersten Wörter der Buchseiten, das traf dann wohl für uns und unsere Hunde zu nach den vielen Kilometern.

Noch einmal einen Abstieg, sich durch eine Horde Kühe kämpfen, durch Hammersbach hindurch und endlich nach über 33 Stunden den Campingplatz erreichen.

Wir hatten den Ultrahund geschafft!